Das Geld im Raum: August Löschs Geldtheorie und ihre Bedeutung für regionalökonomische Verteilungsfragen

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2019-02

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Duncker and Humblot

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Der zeitgenössische Kanon der Raumwirtschaftslehre stützt sich---besonders unter dem Einfluss der angelsächsischen Literatur---auf die klassischen Dichotomie und beinhaltet daher nur wenige theoretische Ansatzpunkte die räumlichen Auswirkungen von Geld- und Kreditphänomenen grundlegend zu erfassen. Eine solche Ausklammerung geldtheoretischer Aspekte aus dem Wirkungsfeld der raumwirtschaftlichen Analyse stellt einen deutlichen, in die Nachkriegsjahre zu datierenden Schnitt in der dogmentgeschichtlichen Richtungsentwicklung der Regionalökonmie dar. Tatsächlich beschäftigte sich bereits HEINRICH VON THÜNEN vor bald zweihundert Jahren explizit mit den Wechselwirkungen von Raum und Geld. Eine Neubewertung von AUGUST LÖSCHS geldtheoretischen Arbeiten---unter besonderer Betrachtung seines Hauptwerkes Die räumliche Ordnung der Wirtschaft (1940, 1944) sowie seines posthum erschienenen Fragments «Die Theorie der Währung» (1949)---zeigt auf, dass LÖSCH, der in mancher Hinsicht als einer der wichtigsten Begründer der modernen Raumwirtschafslehre gilt, geld- und kredittheoretische Elemente als integrale Aspekte des Verständnises von räumlichen Ungleichgewichtsbildungen und regionalökonomischen Verteilungsfragen im Sinne des Transferproblems betrachtete. Diese Aspekte des LÖSCH’SCHEN Systems sind jedoch heute fast komplett in Vergessenheit geraten. So stellen Fragen zur räumlichen Neutralität des Geldes, sowie dessen endogene Schaffung, zentrale Elemente der Theoriebildung bei LÖSCH dar, deren intellektuelle Abstammungslinie direkt zu SCHUMPETERS Geld- und Kredittheorie führt. In diesem Zusammenhang argumentiert der vorliegende Beitrag weiter, dass sich in LÖSCHS geldtheoretischen Betrachtungen auch primäre Aspekte einer in den letzten Jahren der Weimarer Republik sich langsam etablierenden Kreditansicht niederschlugen. So bildet das Geld bei LÖSCH auch einen zentralen Pfeiler seines Anspruchs eine «Konjunkturtheorie im Raum» zu entwickeln, deren hauptsächliches Augenmerk nicht beim Standort per se liegen, sondern bei den Auswirkungen der wechselseitigen Verknüpfungen zwischen Handel und internationalen Konjunkturbewegungen auf die endogen bestimmten Wirtschaftsgebiete. In diesen Aspekten stützt sich LÖSCH vorallem auf HABERLERS konjunkturtheorie Synthese der späten 1930er Jahre, aber auch, besonders bezüglich der Rolle von Kapitalflüssen und Änderungen in Preiseniveaus als Auslöser von Zyklen, auf NEISSERS Werk. Allein aus diesen Gründen ist die mangelnde Anerkennung von LÖSCHS Beiträgen zur raumbetonten Geldtheorie, geschweige denn sein (wenn auch teils nur in rudimentären Ansätzen vorhandener) Versuch, real- und geldwirtschaftliche Elemente in einer Synthese der Raumwirtschaftslehre mit der Kredittheorie zu verknüpfen---ganz gemäss «Ohlin's Traum»---, eine dogmengeschichtliche Anomalie, wenn nicht gar ein Rätsel.

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